Leserbrief in der "Neuen Zürcher Zeitung" vom 6. Januar 2005.
E-Voting — ein Rückschritt
Die NZZ berichtete am 15. 12. 04 von der elektronischen
Studierendenratswahl im Kanton Zürich und bezeichnet diese ungeprüft
als erfolgreich. Leider wurde vergessen, das System für die
elektronische Abstimmung kritisch zu hinterfragen. Das vom Kanton
Zürich eingesetzte System ist ein deutlicher Rückschritt im Vergleich
zur herkömmlichen Urnenwahl. Dem System fehlt die demokratische
Kontrolle über den Auszählungsprozess. Wer kann glaubhaft garantieren,
dass sich kein Teil des Computersystems falsch verhält? Bei der
herkömmlichen Auszählung der Stimmen durch eine gemischt
zusammengesetzte Gruppe von Stimmenzählern hingegen besteht eine breit
abgestützte Kontrolle. Weiter bietet das System keine Möglichkeit
einer sinnvollen Nachkontrolle und vernachlässigt das Wahlgeheimnis.
Da sich die Wähler mit einem Code beim Wahlcomputer anmelden müssen,
ist es prinzipiell leicht möglich, ein Profil der Wähler zu erstellen.
Leider wurden von den Projektverantwortlichen die Resultate der
Informatik-Forschung der letzten Jahre übergangen und ein teures
System entwickelt, das zwar im Trend liegt, aber gravierende Nachteile
gegenüber dem bestehenden Abstimmungsprozess bietet. Das System beruht
letztlich einzig darauf, dass für die Abstimmung einigen wenigen
Computern und Administratoren vertraut werden muss. Vertrauen ist gut
— aber für die Zukunft einer Demokratie nicht ausreichend.
Felix Rauch Valenti